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Literatur und Interpretation

Jürgen Heizmann

Joseph Roth und die Ästhetik der Neuen Sachlichkeit

1990, kt., X + 165 S., 9,50 € [D], ISBN 978-3-9802440-0-8

 

Die Neue Sachlichkeit verstand sich im wesentlichen als gegen-expressionistische Bewegung.
Sie hatte ihren Ursprung in der Malerei und kam von dort in die Literatur. Auch wenn sie als
Stilbegriff umstritten ist, bestimmte die Neue Sachlichkeit das kulturelle Leben der Weimarer
Republik wesentlich mit. »Sachlichkeit« war in den zwanziger Jahren ein Schlüsselwort in
Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und in der Kunst, die versuchte, die rapide Entwicklung
auf allen Gebieten des Lebens nüchtern festzuhalten.

In diesem Buch wird zum ersten Mal gründlich herausgearbeitet, warum der eigenständige
Erzähler Joseph Roth mit dieser programmatischen Richtung in Verbindung gebracht werden
konnte.

 Die Untersuchung der vier Romane Die Flucht ohne Ende, Zipper und sein Vater,
Rechts und Links und Der stumme Prophet orientiert sich einläßlich an den Aspekten der
Wirklichkeitsauffassung und Wirklichkeitsdarstellung, der Desillusionierung und des Zynismus,
der Visualisierung sowie der sprachlichen Weltaneignung und -verfehlung. Die Ästhetik
der Neuen Sachlichkeit dient als Folie, vor der sich die Wesensmerkmale der Rothschen Prosa
abheben. Gerade in den Abweichungen Roths von der Neuen Sachlichkeit wird sein eigenes
Realismus-Konzept deutlich.

Die in diesem Buch gewonnenen motiv- und stilgeschichtlichen Erkenntnisse werfen ein Licht
auch auf das Gesamtwerk Roths. Denn nicht nur seine Personen tauchen in mehreren Romanen
auf, auch zwischen den Motiven und Erzählzügen besteht eine enge Verwandtschaft. So scheint
Roth ein Beweis für jenen Topos zu sein, der besagt, ein Autor schreibe durch die Vielzahl seiner
Bücher hindurch im Grunde immer nur das eine, einzige Buch, das seinen gesamten Kosmos
enthält.