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Kultur- und Zeitgeschichte

Ingrid Rottke

Vaterbilder junger Mädchen und Frauen
Eine psychoanalytische Untersuchung

2011, kt., 332 S., 30,00 € [D], ISBN 978-3-86809-050-5

 

Die Beziehung zum Vater ist für Töchter von einzigartiger Wichtigkeit. In die Vaterbilder junger Mädchen und Frauen fließen an den Vater gerichtete Wünsche und Bedürfnisse ein, die mit spezifischen Phasen der weiblichen Entwicklung und der jeweiligen Funktion des Vaters korrespondieren:

Der Vater wird von den Töchtern als Objekt gesucht, das die Kränkung durch die Mutter kompensieren soll, das narzisstischen Ausgleich bietet, als Objekt, das Autonomiebestrebungen unterstützt und Eigeninitiative fördert, als Modell im Umgang mit Aggression, als Vorbild, das den Weg zur Individuation aufzeigt. Der Vater markiert den Ort des Dritten. Der Vater wird mit Schutz- und Rettungsphantasien ausgestattet, er beantwortet Neugier und vermittelt Wissen über die Welt. Er gibt Schutz und Orientierung und ermöglicht das Vertrautwerden mit dem Fremden, mit seiner Unterstützung lassen sich sexuelle Ängste überwinden.

Wenn sie keine hinreichend guten Erfahrungen mit dem Vater machen können, schaffen sich Töchter einen Phantasievater. Sie entwerfen ein Vaterbild, das mehr von Bedürfnissen und Defiziten geprägt wird, als durch real gemachte Erfahrungen mit dem Vater. Dieses Vaterbild hat bedeutenden Einfluss auf Partnerwahl und Beziehungsgestaltung. Das Festhalten an der kompensatorischen Idealisierung des Vaters verhindert nicht nur eine Auseinandersetzung mit dem Vater und mit der Beziehung zur Mutter, sondern blockiert auch weibliche Selbstverwirklichung, Selbständigkeit und Unabhängigkeit.

Frühe Vaterdeprivation ist von entscheidender emotionaler Bedeutung für die Vater-Tochter-Beziehung und hat für Töchter insbesondere Auswirkungen im Hinblick auf ein Vertrautwerden mit Männlichkeit und Sexualität.

Die teils unbewussten Vaterrepräsentanzen sechs junger Mädchen und Frauen im Alter von 12 bis 18 Jahren wurden im empirischen Teil der Arbeit mit Hilfe eines projektiven Verfahrens erfasst, einer eigens zu diesem Zweck zusammengestellten Serie von vier Testbildern.

Das entwickelte projektive Verfahren erweist sich als geeignet zum Einsatz in der psycho-therapeutischen Praxis. Es liefert ein anschauliches und differenziertes Bild der Vaterrepräsentanz und deren Abhängigkeit von der Beziehung zur Mutter. Ein Zusammenhang von Mutter- bzw. Vaterbild und Kernkonflikt der Patientinnen wird deutlich.

 

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